Hundertsiebenundneunzig

Gerade bin ich wieder von Frank zurückgekommen.

Carsten hatte darauf bestanden, mich hinzufahren. Bei diesem Regenwetter war mir das ja sogar ganz angenehm. Und so saßen wir bereits früh um halb acht (d.h. extrem spät für Carsten’s Gewohnheiten, aber so hatten wir zumindest mehr Zeit für unser morgendliches Ritual) im Auto.

„Wie lange wird das dauern?“
„Ich weiß nicht. Eine Stunde, vielleicht zwei.“
„Ich hole dich kurz nach neun wieder ab.“
„Das ist nicht nötig. Ich komme schon alleine wieder heim.“
„Ich werde dich abholen.“
„Du hast doch da bestimmt dringende Termine.“
„Das werde ich schon einrichten.“
„Ich kann dir nicht versprechen, bis neun fertig zu sein.“
„Notfalls muss ich halt ein paar Minuten warten.“
„Hast du nichts wichtigeres zu tun?“
„Ich entscheide selbst, was am wichtigsten ist.“
Die restliche Fahrt verbrachten wir schweigend.

Carsten kam mit bis zur Wohnungstür. Dort unterhielt er sich noch ein paar Minuten lang mit Frank’s Frau, während Frank und ich uns bereits ins Arbeitszimmer zurückzogen.
Das Kleinkind hatte mittlerweile gelernt, Türen zu öffnen, und so ließen wir die Tür zum Arbeitszimmer gleich offen stehen.
Frank’s Frau brachte uns zwischendurch einmal Kaffee und Kekse, aber sie war nicht so nervig wie letztes Jahr.

Frank übergab mir die Sourcen, erklärte mir die Konfiguration und ein paar Besonderheiten im Makefile. Die Spec hatte er mir schon vorab zugemailt. Wir stimmten ab, welche Teile des Projekts ich übernehmen sollte, und waren um viertel zehn fertig.

Carsten war bereits da, saß auf dem Sofa und spielte mit dem Kleinkind. Frank’s Frau stand mit einem Spielzeug in der Hand lachend daneben.
Wir verabschiedeten uns und Carsten fuhr mich wieder nach Hause.

„Wann musst du wieder da hin?“
„Das kommt auf die Fortschritte an.“
„Sag mir rechtzeitig Bescheid. Dann fahre ich dich wieder.“

Ich verzichtete darauf, ihm zu erklären, dass das unnötig sei, weil mir von vornherein klar war, dass das vergebens gewesen wäre.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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7 Antworten zu Hundertsiebenundneunzig

  1. ednong schreibt:

    Wenn sich das so zugetragen hat: überzogen von ihm.

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